Warum Achtsamkeit nicht bedeutet, immer glücklich zu sein
Wenn wir gestresst sind, wenn um uns herum Chaos herrscht, wenn wir uns innerlich leer fühlen, dann sehnen wir uns oft nach etwas, das uns besser fühlen lässt, nach etwas, das die unangenehme Situation neutralisiert oder gar „wegmacht“. In diesen Momenten sind wir meistens sehr empfänglich für alles, was mit Achtsamkeit zu tun hat. Oft werden wir auf das Thema über einen Artikel oder Beitrag aufmerksam, den wir im Internet oder bei Social Media finden. Meistens wird dort suggeriert, dass man doch nur ein bisschen diese Achtsamkeit praktizieren müsste und schon ginge es uns besser. Eine Art Glücksversprechen also?
Wer anfängt, sich das erste Mal mit Achtsamkeit zu beschäftigen, versteht sie nicht selten falsch. Vielleicht denken wir, wir können Achtsamkeit nutzen, um besser „zu funktionieren“ oder um damit Gefühle „wegzumeditieren“. Viele Menschen nutzen Achtsamkeit heute wie ein „Sollte-Tool“, als etwas, das sie funktionaler oder besser machen soll. Statt sich selbst zuzuwenden, erzeugen sie damit neuen Druck::
„Wenn ich achtsam wäre, wäre ich ruhiger.“
„Ich müsste doch gelassener sein.“
„Warum hilft mir das nicht sofort?“
Wenn wir Achtsamkeit falsch verstehen, entsteht schnell ein Leistungsdruck, ähnlich wie bei der „perfekten Ernährung“ oder bei „Selbstoptimierung“.
Doch wer sich schon ein bisschen mit Achtsamkeit beschäftigt hat, der weiß, dass Achtsamkeit nicht die Flucht aus dem Moment ist, sondern genau das Gegenteil, nämlich die Rückkehr ins Hier und Jetzt, auch wenn es gerade nicht leicht ist. Es geht um Präsenz, Annahme und innere Verbindung, auch bei unangenehmen Gefühlen.
Der größte Mythos: Ich bin achtsam = Ich fühle mich gut
Oft wird uns suggeriert, dass, wenn wir achtsam sind, wir uns automatisch gut fühlen. Doch Achtsamkeit ist ein Bewusstseinsprozess, kein Stimmungsprogramm. Dabei geht es nicht darum, angenehme Gefühle zu erschaffen oder vermeintliche negative Gefühle in positive Gefühle umzuwandeln, sondern eben alle Gefühle, die hochkommen,
wahrzunehmen,
zu benennen,
anzunehmen, ohne sofort zu reagieren.
Alle Gefühle dürfen da sein. Auch, sich traurig, gestresst oder getriggert zu fühlen. Ein Szenario wäre zum Beispiel:
Du sitzt in der Bahn, bist gereizt. Achtsamkeit heißt nicht „Zen bleiben“, sondern zu merken: „Ah, ich bin gereizt. Warum eigentlich?“
Achtsamkeit bedeutet, ALLE Gefühle zu würdigen
Achtsamkeit bedeutet also, im gegenwärtigen Moment präsent zu sein, ohne zu bewerten. Achtsamkeit ist auch ein freundlicher, neugieriger Blick auf das, was da ist. Sie ist ein Innehalten statt Weglaufen. Sie ist die Erlaubnis, auch mal nicht „funktionieren“ zu müssen.
An dieser Stelle gehört auch dazu, sich bewusst zu machen, dass hinter den offensichtlichen Gefühlen meist noch etwas ganz anderes steckt.
Wut ist ein inneres Warnsignal, das dich auf etwas aufmerksam machen will. Sie zeigt dir, dass etwas gerade nicht stimmt und dass ein inneres Bedürfnis verletzt, übergangen oder nicht gesehen wurde.
Traurigkeit zeigt dir, dass dir etwas fehlt oder dass ein emotionales Bedürfnis nach Verbindung, Halt oder Sinn gerade nicht erfüllt wird.
Hilflosigkeit zeigt, dass du Unterstützung brauchst.
Jedes Gefühl zeigt, dass ein Bedürfnis Aufmerksamkeit braucht. Warum ist das so wichtig? Gerade in schwierigen Phasen unterdrücken wir oft vermeintlich negative Gefühle und verlieren dadurch den Zugang zu uns selbst. Wenn wir diese Gefühle nun aber nicht unterdrücken, sondern da sein lassen, kommen wir wieder in Verbindung mit uns selbst. Statt gegen uns zu kämpfen, lernen wir, uns zu halten.
An dieser Stelle möchte ich dir einen kleinen Impuls für solche schwierigen Momente mitgeben:
Setz dich für einen Moment hin. Atme tief ein.
Was fühlst du gerade?
Kannst du dir erlauben, das Gefühl einfach wahrzunehmen?
Was wirklich zählt: Drei echte Effekte von Achtsamkeit
Jetzt fragst du dich bestimmt, was denn nun die positiven Effekte von Achtsamkeit sind und warum es sich lohnt, mehr davon in deinen Alltag zu integrieren.
1. Achtsamkeit schafft Akzeptanz statt Widerstand.
Gefühle bleiben nicht länger, wenn man sie zulässt. Sie bleiben nur dann länger, wenn man sie wegdrückt.
2. Achtsamkeit schafft Klarheit statt Chaos.
Achtsamkeit bringt inneren Fokus:
Die Gedanken ordnen sich,
Impulse werden bewusster,
Entscheidungen werden leichter und klarer.
3. Achtsamkeit schafft Selbstmitgefühl statt Selbstkritik.
Selbstmitgefühl ist deshalb so wertvoll, weil es der Schlüssel zu innerer Leichtigkeit ist.
Und was dann? Der Weg in ein bewussteres Leben
Du siehst, dass Achtsamkeit kein Ziel ist, sondern eine Haltung. Sie hilft, klarer zu sehen, einfühlsamer zu reagieren – mit sich selbst und anderen. Achtsamkeit ist:
Präsenz
Selbstwahrnehmung
Mitgefühl
Nicht-Bewertung
Und ja, vielleicht kann sie sogar glücklicher machen, aber nicht, weil alles schön wird, sondern weil wir lernen, da zu sein, wo wir sind, weil wir lernen, bewusst zu sein.
Reflexion und Abschluss
Zum Schluss möchte ich dir wieder ein paar Reflexionsfragen mitgeben:
Welche Gefühle erlaubst du dir noch nicht wirklich?
Wo verurteilst du dich dafür, nicht immer „positiv“ zu sein?
Kannst du dir vorstellen, dass wahre Achtsamkeit dort beginnt, wo es unbequem wird?
Achtsamkeit ist ein Anker, gerade in bewegten Zeiten. Wenn du lernen willst, diesen Anker für dich zu nutzen und wenn du wieder die Verbindung mit dir selbst spüren möchtest statt ständiges Funktionieren, begleite ich dich dabei. Melde dich gerne für ein kostenloses Kennenlerngespräch!